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Die Sache mit der Liebe, Teil 2

Autorenbild: koselimkekoselimke


Jeden Morgen gehen an unserer Straße zwei alte Menschen entlang. Ein Mann und eine Frau, jeden Tag gehen sie gemeinsam den Weg, jeden Tag kann ich sie von meinem Fenster aus sehen. Jeden Tag berührt es mich, wie sie sich an den Händen halten und Schritt für Schritt den Weg bestreiten. Sie wirken harmonisch und im Einklang. Natürlich weiß ich das nicht mit Sicherheit, ich kenne die beiden nicht. Ich stelle es mir aber gerne vor, dass es sowas noch gibt. Dass zwei Menschen sich für ein gemeinsames Leben entscheiden und zusammen durch das Leben gehen, mit allen Höhen und Tiefen, in Liebe verbunden.


Ist das romantisch verklärt? Meiner Meinung nach nicht. Ich finde es viel tragischer, dass wir in einer Welt leben in der der Glaube an die Liebe immer weniger wird. Wir lieben nicht mehr. Wir brauchen. Wir sind bedürftig und leben in Abhängigkeitsbeziehungen. Es geht nicht mehr darum einen anderen Menschen aufrichtig und bedingungslos zu lieben, sondern darum nicht alleine zu sein. Wen wundert es da, dass so viele Beziehungen kaputt gehen und Ehen geschieden werden?


Wir erwarten etwas von einer anderen Person, weil wir glauben nicht allein für uns sorgen zu können, nicht allein mit uns sein zu können, nicht allein bestehen zu können. Eine Beziehung, die nicht auf Augenhöhe basiert, kann auf Dauer nicht funktionieren. Es ist ungesund, wenn sich der eine immer kleiner macht, damit der andere sich größer fühlen kann und umgekehrt.


Wir lieben meist nur aus dem Ego heraus. Mit dem Ego meine ich unseren Verstand, der uns einredet, was gut für uns zu sein scheint, der unsere Ängste nährt und sich danach einen Partner sucht. Klassisch: Eine Frau möchte nicht arbeiten gehen, sie hat Angst davor im Beruf nicht bestehen zu können, also sucht ihr Ego ihr einen Versorger, damit sie zu Hause bleiben kann und sich ihren Ängsten nicht stellen muss. Glaubt ihr das endet in einer harmonischen Beziehung? Zu Beginn vielleicht, aber irgendwann schleicht sich doch der Frust ein. Die Frau meckert vielleicht jeden Abend rum, warum ihr Gatte immer so spät nach Hause kommt und keine Zeit für sie hat. Der Mann hingegen macht sich einen unglaublichen Druck als Versorger der Frau und gibt ihr unbewusst die Schuld dafür.


Der Verstand ist in Liebesdingen nie ein guter Berater… unser Herz schaltet sich irgendwann immer ein. Verstand vs. Herz - Natürlich können die beiden sich ihr Leben lang einen Kampf liefern. Ich weiß allerdings, dass das unglaublich Kräftezehrend ist und am Ende nur Leid verursacht.


Und nun? Wie können wir lernen auf unser Herz zu hören? Indem wir lernen wieder zu fühlen und die Gefühle (seien es positive oder negative) zuzulassen. Im Laufe unseres Lebens machen wir schmerzhafte Erfahrungen in der Liebe. Der eine mehr, der andere weniger. Bei manchen beginnt es schon in der Kindheit. Wenn die elterliche Liebe schon weh tut, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der erwachsene Mensch alles dafür tut um das nicht wieder fühlen zu müssen. Manch einer wird von der ersten großen Liebe verlassen und leidet so sehr darunter, dass er entscheidet, dass es besser ist, nicht wieder zu fühlen. Wenn wir nicht mehr fühlen wollen, wenn unser Verstand gewinnt, sind wir am Ende einsam. Damit meine ich nicht alleine, sondern einsam. Menschen können auch gemeinsam einsam sein. Ist es das wert?


Jemanden zu lieben birgt immer ein Risiko. Jemandem zu vertrauen auch. Wir können immer enttäuscht werden, zu jeder Zeit. Genauso können wir aber auch enttäuscht werden, wenn wir nicht lieben. Die Chancen stehen 50:50. Die Frage ist: Was willst du?


Kennt ihr noch die Sendung „Geld oder Liebe“ mit Jürgen von der Lippe? Ich habe diese Show geliebt. Kurz: Drei Männer treffen auf drei Frauen, es werden diverse Spiele gespielt für die die Kandidaten einen Geldbetrag gutgeschrieben bekommen, Jürgen trägt gruselige Hemden und am Ende dürfen sich die sechs entscheiden was sie wählen - Geld oder Liebe. Ich war immer fassungslos und enttäuscht, wenn sich einer der Kandidaten fürs Geld entschieden hat. Das konnte mein unschuldiges Kinderherz nicht verstehen, wie kann man sich für Geld entscheiden, wenn man Liebe wählen kann?!


Zuallererst dürfen wir lernen uns selbst zu lieben (ja, ich weiß, wieder die Leier), aber es stimmt. Liebe dich zuerst mal selber, gib dir das, was du dir von anderen wünscht. Sei dir selbst am nächsten, fühl dich mit dir wohl, verbringe Zeit mit dir, lerne dich kennen. Stell dir vor du triffst eine Person die vollkommen im Einklang mit sich lebt, die nichts von dir erwartet, die einfach frei in ihrer Liebe ist. Bei mir kommt allein bei der Vorstellung ein unglaubliches Gefühl von Entspannung auf, mit so einer Person möchte ich gerne Zeit verbringen. Ich möchte diese Person sein.

Es ist gar nicht so schwer sich selbst zu lieben. Es bedarf vielleicht etwas Geduld und ein wenig Gehirntraining, Glaubenssätze dürfen umprogrammiert werden, gute Gedanken über sich selbst gedacht werden, aber dann läuft der Hase… hoppelt jauchzend und mit wehenden Fahnen über die Wiese.



Wir alle dürfen das selber entscheiden. Ich persönlich glaube, für die Liebe lohnt es sich immer zu kämpfen. Ich meine, was bleibt am Ende denn, wenn keine Liebe da ist? Wenn ich mich liebe, kann ich andere lieben. Wenn ich andere liebe, trägt das Liebe in die Welt und wenn in der Welt ein kleines bisschen mehr Liebe ist, dann haben wir alle gewonnen. Liebe ist die Kraft, die Berge versetzen kann.



Ich möchte diesen Text mit den Worten der Beatles beenden: ALL YOU NEED IS LOVE!


 
 
 

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3 Comments


Joachim Schrey
Joachim Schrey
Jan 23, 2022

Najah, entschuldige. Das ist mir nun doch etwas zu blümerant, zu naiv. So sehr ich bisher deine Texte genieße. "Liebe" (was auch immer das sein soll) ist aus meiner Sicht erstmal "Begehren". Begehren ist näher an "ich will" als an "ich gebe". Und da liegt der Hase im Pfeffer. Liebe ist ein Anspruch, es ist nehmen. Mit dem "geben" ist das so eine Sache.

Dennoch, ich genieße deine Schreibweise und eines kommt klar rüber. Oberflächlichkeit sollte man bei anderen suchen. Tiefgang kann man durchaus bei dir finden.🤗


Jo,

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koselimke
koselimke
Jan 23, 2022
Replying to

Das meine ich mit aus dem Ego heraus zu „lieben“, es ist egoistisch und hat nichts mit der Liebe zu tun an die ich glaube. Ich nenne es nicht naiv, sondern voll von Hoffnung und Zuversicht zu sein 😊 Mein Ziel ist mir das für immer und ewig zu bewahren.

Oberflächlich ist nicht so meins, da hast du Recht - genauso wenig wie Smalltalk - Ich denke, darüber schreibe ich mal was, Danke für die Inspiration 😉

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Wie Busch
Wie Busch
Jan 23, 2022

So schön. Die Antwort lautet immer Liebe. ♥️

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©2022 Imke Kosel

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