Online Dating oder auch: Das Horrorkabinett der guten Laune
- koselimke
- vor 1 Tag
- 5 Min. Lesezeit

Disclaimer: In diesem Text finden sich sexuelle Inhalte. Wer beim Wort "Penis" schon rote Ohren und Schnappatmung bekommt, sollte nicht weiterlesen. Der Text basiert auf persönlichen Erfahrungen und subjektiven Eindrücken. Er erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und dient ausschließlich der Unterhaltung.
Halloween steht vor der Tür und da dachte ich mir, ich habe auch ein paar Gruselgeschichten zu erzählen und hiermit wünsche ich allen Lesern viel Freude beim "Zuhören".
Als ich wieder solo war, spornten mich meine Freundinnen dazu an, mal Online Dating auszuprobieren. „Das ist witzig“, sagten sie. Ich dachte: „Komm, was soll der Geiz, so schlimm kann es ja nicht werden.“
An alle Menschen da draußen, die wirklich gerne jmd. kennenlernen möchten und es nicht aus Jux und Tollerei tun: Online Dating ist schon ne Nummer für sich. Ich würde sagen: Eher schwierig. Das ist, als ob du dich in einem Horrorfilm verirrt hast, ES dich auf ’nen Drink einlädt und zum krönenden Abschluss ’ne Tauchstunde mit dem weißen Hai für euch zwei gebucht hat.
Mir wurden meist Männer in ihren 40ern vorgeschlagen. Im ersten Moment war ich entrüstet und dachte: „Was soll ich mit so einem alten Kerl?“, bis ich mich erinnerte, wie alt ich selbst mittlerweile bin. Ich mein, ich war das letzte Mal mit 26 solo … bin da irgendwie gedanklich hängen geblieben. Sei es mir verziehen. Irgendwann wurde ich mutiger und wollte wissen, ob es wirklich stimmt, dass junge Männer auf ältere Frauen stehen. Und ja, das tun sie. Ich bin ehrlich: Ich hatte die ganze Zeit im Kopf „Gruselig, du bist zu alt für den jungen Typ“, und da wurde mir klar, dass das Patriarchat mich in seinen Fängen hat. Als Mann ist es kein Thema – da ist es völlig normal, ’ne jüngere Frau zu daten oder zu heiraten und mit 60 auch noch Kinder mit ihr zu zeugen. Aber als Frau biste direkt ’ne Milf oder ’nen Puma und ’ne alte, creepy Tante, die nach Jüngeren hechelt. Liebe kennt kein Alter, Freunde der Sonne! (Libido übrigens auch nicht …) Warum also sollte eine Frau sich nicht für einen jüngeren Mann interessieren dürfen und ggf. mit diesem auch zusammen sein, wenn Männer das seit Jahren so handhaben?! Ich habe recht schnell festgestellt, dass nicht das Alter das "Problem" ist, sondern die verkümmerte Hirntätigkeit der Menschen. Es bedeutet nicht, nur weil Udo 55 Jahre alt ist, dass er auch eine emotionale Intelligenz (oder überhaupt eine Intelligenz) mitbringt. Nope! Hingegen kann ein jüngerer Mann dich mit seiner Weltanschauung und Weitsicht vom Hocker reißen.
Ich lernte also ein paar Männer kennen und schrieb mit ihnen:
Frederick war 42 Jahre alt. Er war solide, nett, bodenständig. Wir haben uns über das Leben und die Liebe bis in die Abendstunden ausgetauscht und wollten uns an einem Sonntag auf einen Kaffee treffen. Plötzlich schrieb Frederick mir, er könne es nicht mehr erwarten, ob ich nicht Lust hätte, noch zu ihm zu kommen und ihm sein Arschloch zu lecken ... (An dieser Stelle nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, um zu lachen, zu würgen oder Freddymaus gedanklich ’nen High Five zu schicken.) Ich gebe es ehrlich zu: Ich war ein wenig perplex im ersten Moment – mit dieser Direktheit hatte ich nicht gerechnet. Dann antwortete ich ihm: „Ungern, Frederick. Wirklich ungern. Aber danke für die nette Einladung.“ Ganz ehrlich, no offense – jeder soll tun und lassen, was ihm beliebt. Mich persönlich turnt die Vorstellung ein behaartes Männer-Arschloch zu lecken eher weniger an.
Auch wenn er mir beteuerte, dass er sich da mit Kernseife gewaschen hatte, blieb für mich die Tatsache, dass – je nach Darmtätigkeit – aus diesem Teil des Körpers etwa ein bis neun Stunden zuvor Scheiße herausgekommen ist.
Spoiler: Aus Frederick und mir ist nichts geworden.
Dann gab es Gabriel. Gabriel wusste bereits nach zwei Stunden, dass ich die Frau seines Lebens bin. Da war ich schon verwundert – schließlich leben wir in einer Generation von Ghosting und Bindungspanik. Ab dem Zeitpunkt, wo für Gabriel klar war, dass er es wirklich richtig, richtig ernst mit mir meint, fragte er mich nach Bildern meiner Geschlechtsteile. Das war ihm sehr wichtig. Da ich ihm diese nicht zur Verfügung stellen wollte, wurde Gabriel wütend. Er konnte das nicht verstehen, denn das Aussehen meiner Geschlechtsteile sowie mein Lubrikationsgrad waren ausschlaggebender für unsere gemeinsame Zukunft als mein Charakter. Aus Gabriel und mir ist nichts geworden.
Danach habe ich Nic kennengelernt. Netter Typ. Schickte mir ein Bild von seinem Penis. Ungefragt, versteht sich. Dazu schrieb er, seine Frau sei schwanger, und er suche jetzt eine Frau, die er stattdessen knallen könne, bis das Baby kommt. Aus Nic und mir ist nichts geworden.
Dann gab es noch Tarek. Tarek war um einiges jünger als ich. Tarek schrieb mir als kessen Einstieg ins Gespräch: „Kannst du mir das Reiten beibringen, Cougar?“ – und das obligatorische Bild vom Dödel. Aus Tarek und mir ist nichts geworden.
Max. Max schrieb: „Geile Titten!“ Aus Max und mir ist nichts geworden.
Ich wollte schon aufgeben, doch dann kam Andre. Andre schickte mir einen sehr langen Text über die Zubereitung von Gurkensalat und wie man den richtig pfiffig aufpeppen kann. Nach dem Satz: „Ich habe mir jetzt einen Tee gekocht und mache es mir mit einem Buch auf dem Sofa gemütlich … übrigens: Ich habe kein Interesse an einer sexuellen Verbindung. Ich habe Sex abgewählt“, wusste ich (ihr ahnt es schon): Aus Andre und mir wird nichts. Da war mir der arschleckende Frederick ja fast lieber.
Hört sich nach Satire an? Ja, schön wär’s! Ich bin raus aus dem Online-Dating-Game. Kann ich nicht mit meinem Seelenfrieden vereinbaren.
Ich habe tatsächlich noch nie so viele Penisse in meinem Leben gesehen wie in der Zeit – alles online, versteht sich. Meine heimliche Vermutung: Die Penisse gehören zu anderen Männern, eher so gescreenshotet aus Filmen mit Namen wie „Wenn der Postmann dreimal kommt“. Interessanterweise hatten all diese Männer ein recht ähnlich aussehendes, riesiges „Gerät“ in der Hose und das dringende Bedürfnis, dieses ungefragt an jede Frau zu versenden. Weiterhin finde ich die Vorstellung einfach amüsant, dass da so ein Jochen vorm Handy hängt und denkt: „Wenn ich der jetzt ’n Bild von nem Pimmel schicke, dann schickt die mir auch eins von ihrem Döschen – haha, ich bin echt KLUCK!“
Ich habe natürlich auch nette Männer kennengelernt, und die habe ich gefragt, wie sie das Online Dating wahrnehmen. Für die Männer ist es auch nicht besser. Die meisten haben mir erzählt, dass Frauen zu 80 % nicht so aussehen wie auf ihren Bildern – Filter machen es möglich. Du hältst also nach Audrey Hepburn Ausschau und bekommst Freddy Krueger. Ja, und auch Frauen haben ’nen Nagel im Kopf, verhalten sich wie Deppen und zerstören den Männern den Glauben an die Liebe und an gegenseitige Wertschätzung.
Das Fazit des Online Datings für mich:
Dankbarkeit für mein Leben und mein funktionstüchtiges Hirn.
Ebenfalls Dankbarkeit für die Erfindung des Vibrators und Freude an meinen - insgesamt - zehn gesunden Fingern, die nicht an Gicht leiden und somit jederzeit einsatzbereit sind, (wenn Nic mal wieder keine Zeit hat und sich um die schwanger Ehefrau kümmern muss).
Die Erkenntnis, dass ich wirklich unfassbar nett, entspannt und mit sehr viel Humor gesegnet bin.
Die Erkenntnis, dass ich gerne mit mir alleine bin.
Dass Penisse zwar schön anzuschauen sind, aber nicht unbedingt nach dem ersten "Hallo" gezeigt werden müssen.
Dass der Spruch "Wer ficken will, darf freundlich sein", sehr viel Wahrheit enthält und
natürlich auch das Wissen, dass es tolle Männer da draußen gibt.
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