Warum kann Angst auch lustig sein? Menschen, die wirklich unter Angststörungen und/oder Panikattacken leiden, finden diese meist nicht so unterhaltsam.
Ich meine, wer das Gefühl hat, jeden Moment abzunippeln während einer Panikattacke, findet das alles andere als lustig.
Mir ging es auch eine lange Zeit so. Die Angst war mein Feind, ein Monster, welches mich kontrollierte und jeder Zeit überfallen und verschlingen konnte. Über die Angst durfte ich nicht sprechen, denn sonst kam sie mich holen. Ein bisschen wie Voldemort, dessen Name nicht genannt werden darf. Das ist der verrückte Typ ohne Nase aus den Harry Potter Büchern. Wobei ich ihm gerne mal sagen möchte, dass er sich bzgl. seines Namens mal entspannen und sich stattdessen überlegen sollte, seinen Schönheitschirurgen zu verklagen. Dennoch: So beschissen Angst und Panik auch sein können, nehme ich sie auch mit Humor. Denn mit Humor lebt es sich leichter, lustiger und viel schöner.
Wichtig vorab: Angst macht nicht unbedingt klüger. Bei Angst schaltet sich nämlich der Teil im Gehirn, der für logisches Denken erforderlich ist, ab. Zieht den Stecker und legt sich in die Hängematte um auszuruhen.
Hier nun ein paar kurze Anekdoten zum Thema „Angst ist auch lustig“:
Das Haarspray
Als ich meine erste eigene Wohnung bezog, war mir hin und wieder etwas mulmig zumute nachts allein zu sein. Eines Nachts war es dann soweit - es knackte und raschelte an jeder Ecke meiner Wohnung und ich wusste - nun werde ich überfallen! Der Räuber wartet schon mit dem Schießgewehr, wird mich überwältigen und ausrauben. Das logische Denkvermögen lief zu diesem Zeitpunkt schon splitterfasernackt mit einem Cocktail in der Hand Richtung Feierabend. Ich war also allein, mit mir und dem Räuber. Also was macht Frau? Genau! Todesmutig lief ich in mein Badezimmer, schnappte mir die Dose Haarspray aus dem Schrank und legte mich auf die Lauer. Wer nun meint, ich wollte mich für den Räuber noch ein bisschen aufhübschen mit einer feschen Hochsteckfrisur, liegt meilenweit daneben. Nein! Ich wollte ihn im Fall der Fälle mit dem Haarspray überwältigen! Nicht mit mir, Freundchen! Dich werde ich bewusstlos sprühen! Das machte für mich in dem Moment absolut Sinn. Ich lag also schlotternd im Bett, die Haarspraydose fest umklammert, bereit um mein Leben zu sprühen.
Am nächsten Morgen wachte ich auf, neben mir die Dose, ohne Räuber, dafür aber wieder mit logischem Menschenverstand versorgt.
Die Klotür
Freitagabend aufm Dorf. Was macht man da im zarten Alter von 18 Jahren? Genau, man lässt es so richtig krachen und fährt zu McDonalds (definitiv keine Werbung) Fastfood futtern. Wild and free. Irgendwann drückt dann die Blase. Also ab aufn Pott. Während ich da so hockte, penibel darauf bedacht nicht den Klositz zu berühren, wurde mir plötzlich klar (auch hier wieder: Das logische Denken hatte sich bereits verabschiedet um sich einen McFlurry zu holen), also mir wurde klar, dass ich gleich die Klotür nicht mehr aufkriegen und somit für immer und ewig auf dem McDonalds Klosett gefangen sein würde. Der Panikschweiß rann mir in Bächen den Rücken herunter. Ich wollte auf keinen Fall in dem verdammten Klo sterben. Eine begründete Angst wäre hier wohl eher gewesen, sich einen Scheidenpilz trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einzufangen, aber ich dachte nur daran, dass ich eingeschlossen war. Auf meinem Grabstein würde stehen: Sie starb auf dem Klo bei McDonalds.
Mit schweißnassen, zitternden Händen friemelte ich am Türschloß rum und siehe da - es öffnete sich problemlos.
Sind wir doch mal ehrlich: Jeder kennt diese irrationalen Ängste, selbst wenn sie nur einmal im Leben aufgetreten sind.
Wir fahren nachts ungern durch den Wald nach Hause und reden uns ein, dass wir kein Reh überfahren möchten. In Wahrheit haben wir alle schon Horrorfilme gesehen oder davon gehört und sehen uns dem Meuchelmörder mit seinem Hackebeil begegnen. Nach „The Sixth Sense“ habe ich wochenlang nicht geschlafen und mir permanent eingebildet dass es im Raum kalt wird und gleich die toten Menschen ums Eck latschen. Der Klassiker „der weiße Hai“ hat es mir für immer versaut, selbst im Freibad kann ich nur noch ins Babybecken, weil der dusselige Hai ja im Tiefen lauert.
Das Lustige an dieser Form von Ängsten ist ganz einfach, dass sie irrational sind und so gut wie nie eintreffen. Ich hatte z.B. noch nie Angst davor einen Job nicht zu bekommen - was ja tatsächlich passieren könnte. Auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch hatte ich aber Angst davor keinen Parkplatz zu finden und für immer und ewig im Kreis fahren zu müssen… Ich hatte auch nie Angst davor in einen Unfall zu geraten, aber davor, dass ich auf dem Klo sitze und mir eine Schlange in den Arsch beißt, die in der Kanalisation lebt. Ich meine… what?? Ernsthaft jetzt? Das Schöne ist, es gibt so unfassbar viele Menschen die meine irrationalen Ängste teilen. Da redet nur niemand drüber, weil man weiß, dass es bekloppt ist. Ebenso schön ist, wozu unser Hirn in der Lage ist sich auszumalen. Das darf man ruhig auch mal feiern.
Meine Lieblingssätze, während ich panisch bin und andere versuchen mich zu beruhigen sind übrigens: „Weißt du es? Es könnte aber sein!“ Die Konversation darf man sich dann wie folgt vorstellen:
„Imke, die Wahrscheinlichkeit, dass du vom Blitz getroffen wirst, ist eher gering.“ „Weißt du es?“
„Ja.“
„Es könnte aber sein!“
Tja, Totschlagargument würde ich sagen!
Also: Ja, Ängste können auch lustig sein. Man darf es mit Humor nehmen. Wenn die Angst vorüber zieht, darf man darüber lachen. Das nimmt der Angst den Schrecken und aus dem Monster, das dich fressen will, wird ein Freund der sich um deine Sicherheit sorgt.
To be continued ….
"Dich werde ich bewusstlos sprühen." Ich kriege mich kaum ein vor lauter Lachen. Das ist so witzig!
Meine Wahl fiel damals übrigens auf die Haarspray Dose, weil alles andere den Räuber ja zu stark verletzt hätte. 😂🙈
Ich liebe deinen Blog einfach. ♥️