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Autorenbildkoselimke

Die Sache mit dem Wandern


Ich war heute wandern. Ich liebe es zu wandern. Da ordnen sich meine Gedanken so dermaßen, dass ich selber nicht drauf klar komme, wie scharfsinnig ich sein kann. Ich wandere immer im Schneckentempo. Schnell mag ich nicht, schnell bin ich im Alltag. Keine Zeit, schnell, schnell. Im Wald bin ich langsam. Da krieche ich in Zeitlupe vor mich hin und freue mich des Lebens. Und ich singe beim wandern. Laut. Ich bin der festen Überzeugung, dass mich im Wald niemand hören kann. Als ob alle anderen beim Betreten des Waldes schlagartig ihr Gehör verlieren würden... naja spätestens dann, wenn sie meinem Gesang lauschen. Ich singe alles was mir in den Sinn kommt, angefangen beim „Griechischen Wein“, hinüber zu „Unter dem Meer“ bis hinzu „Time of my life“, das Titellied von Dirty Dancing ... bis heute träume ich davon die Endszene mit der Hebefigur mal nachzutanzen. Als Kind musste ich das mit meiner Schwester machen, sie hat mich gezwungen, konnte mich nicht halten und hat mich auf den Badezimmerboden knallen gelassen. Was war ich sauer, ich habe sie dann gebissen. Gewaltfreie Konfliktlösung habe ich erst später gelernt.

Aber im Wald ist die Welt noch schön. Nur die Berge hochzukraxeln ist nicht meins. Von den Geräuschen die ich dabei von mir gebe, könnte man meinen, es verendet qualvoll ein Tier. Ich fühle mich zumindest so und verspüre jedes Mal den Drang mich theatralisch auf den Boden zu werfen und meiner imaginären Wandergruppe zuzurufen „Geht ohne mich weiter, bringt die Mission zu Ende, lasst mich hier“. Mache ich natürlich nie. Wenn mir jemand entgegen kommt, tue ich so, als ob ich kurz vorher nicht fast gestorben wäre. Ich ringe erst wieder lautstark nach Luft, wenn es keiner mehr mitkriegt. Das nenne ich mal „Authentizität“. Quatsch, ein bisschen Stolz habe ich eben auch noch. Muss ja nicht jeder wissen, dass ich die Fitness einer Quarktasche habe. Wandern hat zudem auch was therapeutisches. Einmal stand ich vor einer Gabelung und konnte mich nicht entscheiden, welchen Weg ich einschlagen möchte um nach langem Zögern und Grübeln einen der Wege zu nehmen und dann festzustellen, dass ich im Kreis gelaufen bin. Wie im wahren Leben, keine Entscheidung treffen können und sich dann im Kreis drehen.

Ein andern Mal quälte ich mich einen schmalen, steinigen Anstieg hoch und sang im Kopf (laut ging nicht, japste ja nach Luft) „Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer“ - Credits an Xavier Naidoo. Oben angekommen stand ich vor wunderhübschen Blumen. Therapeutisch, gell? Man überwindet erst den unliebsamen Berg um dann mit einer Blumenpracht belohnt zu werden. So ist das oft im Leben, wenn man stehen bleibt, verpasst man das Schöne welches auf einen wartet.

Dieser Text dreht sich also nicht nur ums Wandern, er ist auch eine ganz klare Wander-Empfehlung! Also ab in den Wald und die Berge hoch!

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